Reisen mit Baby

Fliegen mit Baby

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Das erste Mal fliegen mit unserem Sohn stand an. Zugegeben, mir war schon etwas mulmig bei dem Gedanken. Auch wenn der Flug von Berlin nach München gerade mal fünfzig Minuten lang dauert, hatte ich im Kopf die Horrorbilder eines wie am Spieß brüllenden Kindes in einem überfüllten Flieger. „Das Kind muss auf jeden Fall beim Start und der Landung trinken“, „viel Spielzeug mitnehmen“, „ein Platz am Gang wählen“ und „Ruhe bewahren“ waren die Beiträge, die ich bei Google zum Thema „Fliegen mit Kind“ fand. Ich buchte einen Platz in der Mittagsmaschine in der Hoffnung Junior würde schlafen, ich kaufte neues Spielzeug und zeigte es ihm erst im Flieger und ich packte Proviantboxen mit Kräckern, Keksen, Obststücken, Gemüsesticks und Brezel.

Man hätte meinen können, ich veranstalte eine Babyshower Party für die gesamte Bordcrew inkl. Passagiere.

Einchecken, dann Sicherheitskontrolle, es lief gut und der Kleine hatte viel zu schauen. Gott sei Dank muss man sich über Flüssigkeiten für Babys keine Gedanken machen. Ich glaube, ich hatte vier Flaschen mit Wasser und Milch dabei (die schlimmsten Partys sind die, auf denen die guten Getränke ausgehen). Alle waren übermäßig freundlich zu uns, machten komische Grimassen und sprachen mit quietschiger Stimme. Wir sollten den Flieger als Erste betreten, was sich im Nachhinein als nicht sehr sinnvoll herausstellte. In der Abflughalle gab es allerhand zu entdecken für den Knirps, wohingegen sein Umfeld im Flieger schnell ausgecheckt war und langweilig wurde. Vor allem addiert sich die Zeit des Wartens im Flieger auf die Flugzeit und am Ende war es dann keine Stunde, die wir im Flugzeug verbrachten, sondern gute eineinhalb. Der Plan des neuen und noch nicht abgelutschten Spielzeugs ging zu Beginn voll auf, verlor aber dann doch nach vierundzwanzig Sekunden Sabberumrundung seinen Reiz. Essen kommt bei Junior auch immer gut an, allerdings war es mir etwas unangenehm mit einem freundlichen, aber sichtlich peinlich berührten Lächeln meinerseits das Gemüt des Anzugsträgers neben uns zu beruhigen, der damit beschäftigt war Junior’s Keks-Fingerabdrücke von seinem dunkelblauen Boss Anzug zu rubbeln. Als die Stewardess mit ihrem Getränkewagen bei uns halt machte, konnte ich gar nicht so schnell schauen, wie Baby die Schublade des Wagens aufzog und die süßen und salzigen Snacks aussortierte. Ach ja, ein Getränk in der einen Hand und ein Kind in der anderen Hand zu halten erwies sich leider auch als schwer zu lösende Aufgabe und ist vergleichbar mit der Situation ein Zebra und einen Tiger gleichzeitig auf dem Schoß zu wiegen. Da es uns beiden schnell auf dem Gemeinschaftsplätzchen eng wurde, beschloss ich auf die Toilette zu gehen und ihm die Windel zu machen um damit etwas Zeit zu schinden. Eine gute Ablenkung für uns beide und ein bisschen Freiraum für den Geschäftsmann neben uns, der nun endlich seine Zeitung aufschlagen konnte, ohne das mein flinkes Teufelchen ihm den Feuilleton Teil zerriss.

Eine Flugzeugtoilette misst vielleicht einen Quadratmeter Fläche.

Klappt man dann aber noch den Wickeltisch aus, fühlt man sich, als wäre man in seinem eigenen Briefkasten eingesperrt. Der Knirps fand es sehr lustig sich im Spiegel zu betrachten und sah es leider nicht ein, still liegen zu bleiben, damit ich ihm die Windel wechseln konnte. Wie bei einem Wrestlingkampf musste ich mein Kind immer wieder packen und es zurück in die Horizontale legen. Gerade abgelegt war er auch schon wieder mit einer Drehung auf allen vieren und krabbelte zum Spiegel, oder patschte mit seinen Händen in das kleine Waschbecken. Nach gefühlten dreißig Minuten war es dann geschafft und das Kind hatte eine frische Windel an. Mein Beckenboden ließ grüßen und so kam es wie es kommen musste – ich muss auf Toilette. Kurzer Gedankengang „wem kann ich mein Kind in die Hand drücken?“ gefolgt von der Notiz „dringend mal wieder Beckenbodenübungen machen!“ Da der Kleine aber gerade sehr fremdelt und die Zeit drängte, nahm ich mein Kind, hielt es mit beiden Händen vor mich und hockte über der Flugzeugtoilette. Junior fand es super, meine Oberschenkelmuskulatur nicht so und

mein Recht auf Klo-Privatsphäre wartete in München am Gepäckband.

Zurück an unserem Platz hatten wir noch fünfzehn Minuten, die wir damit verbrachten die Spucktüten aus der Vordersitztasche in viele kleine Einzelteile zu zerreißen und ein bisschen den Gang hoch und runter zu krabbeln. Zur Landung schnallte ich ihn dann wieder auf meinem Schoss fest, steckte ihm die Wasserflasche in den Mund und war trotz keiner größeren Zwischenfälle heilfroh, dass der Flug nicht länger als eine Stunde dauerte.

Ein Kommentar zu „Fliegen mit Baby

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