Es ist 4 Uhr nachts, ich liege im Familienbett und kann nicht schlafen. Kind 1 und Kind 2 liegen links und rechts neben mir und haben gleichzeitig Schluckauf. David Guetta könnte daraus einen neuen Hit machen.
Das ist es also. Unser Leben zu viert. Unvorstellbar. Gerade noch musste ich mich zusammenreißen nicht ganz so viel über den Bauch, die schweren Beine, den schmerzenden Rücken und dass alles sooooooo anstrengend ist, zu schimpfen – und jetzt liegt hier so ein kleines Wesen neben mir und gibt mir ein weiteres Mal das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben im Leben.
Diese zwei kleinen, warmen Jungs unter meiner Decke sind hochkonzentriertes Glück.
Die letzten zwei Jahre waren eine Achterbahnfahrt der Gefühle, ein Schlafentzugsrekord, ein rauschendes Fest der Liebe und eine oscarreife Leistung meiner Geduld. Wer sagt, mit Kindern verfliegt die Zeit, der hat Junior noch nie beim Essen von Gemüse zugesehen.
Und plötzlich steht man wieder da und spielt beim Wickeln Panflöte auf den kleinen Mikro-Zehen, verbringt den Vormittag damit Fläschchen auszukochen oder wippt, abwechselnd mit Quark oder Kohlblättern im BH, das Baby von einem Bein auf das andere.
Aber wie immer im Leben – ohne Fleiß kein Preis. Im Leben einer Mutter heißt das trocken übersetzt, erst die Geburt und dann die schlaflosen Nächte mit müdem Körper. Die Hormone lassen einen verrückt werden. Der Körper fühlt sich einfach ausgelutscht an. Unabhängig ob nach einer natürlichen Geburt, oder nach einem Kaiserschnitt – der Körper hat die letzten 9 Monate Unglaubliches geleistet und es wird nahtlos Unglaubliches von ihm abverlangt. Wundheilung, Organneusortierung, Stilldrama kombiniert mit durchgemachten Nächten und unzähligen auf und ab gelaufenen Kilometern, die man gut mit 30 ct/km als Kinderbetreuungskosten bei der Steuer geltend machen könnte.
Und obwohl es mein zweites Kind ist und man mit sehr viel mehr Selbstbewusstsein und Sicherheit in das Abenteuer startet, ist man doch wieder schnell am Rande der Verzweiflung. In meinem Fall das leidige Thema Stillen. Was hatte ich mich nach meiner ersten Geburt abgemüht, ausprobiert, Tränen und Blut vergossen, bis ich mich nach drei Monaten und gutem Zureden der Hebamme entschied abzustillen und auf die Meinung der ganzen Pro-Stillen-Welt zu scheißen.
Auch wenn ich das Gefühl hatte, dass die Leute mit riesen Baseball-Schaumstoff-Zeigefinger auf mich zeigten – es war die beste Entscheidung für alle.
Dieses Mal hatte ich mir fest vorgenommen mich von anderen nicht beeinflussen zu lassen. Es sollte wieder nicht sein und so zog ich, schweren Herzens, nach vier Tagen Kampf die Reißleine. Erleichtert ließen die Schwestern die Retterspitzwickel fallen und warfen ihre Hände dankend gen Himmel. „Na, des hod koan Sinn ned! Wenns ned klappt, klappts ned!“, waren die wahren Worte der Nachtschwester, die wohl kein Mitglied der Stillmafia ist.
Ich bin trotzdem enttäuscht, kämpfe auch jetzt noch (2 Wochen nach der Geburt) mit riesen, prallen, schmerzenden Atombrüsten und überlege, ob eine Molkerei ein lukratives zweites Standbein für mich wäre.
Peu à peu grooven wir uns ein, und der Alltag kommt langsam zurück.
Als wir mit Junior damals aus dem Krankenhaus kamen, war unsere größte Sorge der Hund könnte das Kind auffressen. Völliger Quatsch, denn auch diesmal ist das Hundetier unbeeindruckt vom Baby-Neuling und wie ein Trüffelschwein damit beschäftigt dem sauren Quarkgeruch nachzugehen.
Jetzt muss man eher darauf achten, dass Junior endlich begreift, dass das Baby tatsächlich zwei Ohren hat und beide auch angewachsen sind. Die Füllanzeige von Baby J weiß aber selbst er schon zu deuten:
Babys Augen auf = leer;
Babys Augen zu = voll.
Mama von zwei Kindern – Ich fühle mich wie auf einer Drogenrauschparty kurz vor der Überdosis. Mein kleines Mutterherz weiß nicht, ob es vor Glück höher schlagen, oder vor schlechtem Gewissen eingehen soll. Obwohl wir so ehrlich vor Junior mit dem Babythema umgegangen sind, ist es eine große Veränderung für ihn. Klar!
„Wissen Sie, das ist, als hätte ihr Mann eine neue Frau mit nach Hause gebracht und Sie vor vollendete Tatsachen gesetzt, dass die supersüß ausschauende Monika jetzt auch bei Ihnen wohnt“!, sagte die Kita-Erzieherin um mir zu erklären, warum mein Sohn plötzlich als Raudi auffällt und morgens wieder Theater ist, wenn ich ihn abgeben will. „Alles klar“, dachte ich, war kurz davor mich vom Legoturm zu stürzen und ging einer weiteren, freundlich gemeinten, aber dennoch fragwürdigen Belehrung, nickend und mit einem Psychogrinsen aus dem Weg.
Das beschreibst du genau richtig. Das Hin und Her zwischen voll umfänglicher Mutterliebe und dem beständigen Gedanken, es doch nie richtig zu machen. Und wahrscheinlich wird es so immer bleiben…. Aber wir haben unsere Süßen!
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Ja das stimmt! Ich habe mal den guten Satz gelesen „Der größte Feind der entspannten Mutter ist ihr eigener Perfektionismus“…da steckt so viel Wahrheit drin! Schönes Wochenende dir!
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Schön, dass du dich auf dein eigenes Gefühl bei der leidigen Still-Frage verlassen hast. Ich denke ja, das ist alles nur halb so schlimm :-) Hab viel Spaß mit deinem kleinen Wurm, auch wenn es gerade anstrengend ist.
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Ich danke dir! Jetzt, 2 Monate nach dem Stilldrama, kann ich dir sagen, dass alles gut ist, so wie es ist. Dem Kleinen geht es prächtig, er wächst und gedeiht und auch wenn ich wirklich gerne gestillt hätte passt es so nun viel besser in unseren Familienalltag! Man sollte einfach eher auf seinen Körper, als auf die Stillmafia hören und sich nicht verrückt machen lassen! Alles Liebe dir!
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