Ein Erfahrungsbericht.
Zu diesem Thema wurde hier auf dem Blog ja schon einiges geschrieben (hier zum Beitrag #momlifebalance). Was ich Neues dazu beitragen kann? Meine persönliche Geschichte. Die euch wahrscheinlich auf den ersten Blick keinen Mut machen wird – auf den zweiten ganz bestimmt. Aber jetzt erst mal von vorne:
Theoretisch müsste es eigentlich so sein, wie bei fast allen anderen Mama-Themen auch: Bei jeder Familie läuft es anders. Und das tut es natürlich auch. Aber wenn man einmal genauer hinschaut, gibt es viele ähnliche Erlebnisse. Und wenn ich mal so überlege, fällt mir kaum eine Mama ein, die beides wirklich richtig gut gewuppt bekommt – Kind und Karriere. Es ist ein bisschen wie die Sache mit der Müdigkeit, auf die sich 99,9 Prozent aller Eltern einigen können. Sie ist omnipräsent. Und so ist es auch ein bisschen mit der Job-Sache bei den Mamas: Irgendetwas leidet meistens – Haushalt, Kinder, Beziehung, Freunde oder eigene Freizeit. Fakt ist, wir haben alle nur eine begrenzte Zeit pro Tag zur Verfügung. Dazu kommt, dass es uns Müttern mit einem Teilzeitjob maximal schwer gemacht wird, die Karriereleiter hinaufzusteigen oder überhaupt eine Arbeit zu finden, die zu uns passt.
Jobsharing kommt Personalern in Deutschland nicht in die Tüte
Und für alle die sich jetzt schon die Haare raufen, ob der Verallgemeinerungen: Ja, natürlich gibt es hier wie immer auch Ausnahmen. Für die Frauen, die vielleicht seit Jahren in einem Konzern festangestellt sind und die Leiter schon vor der Schwangerschaft erklommen haben. Für die ist ein sicherer Arbeitsplatz da, wenn sie zurückkommen. Und auch genug Geld für eine Putzfrau oder Haushaltshilfe. Das ist toll. In solchen Konzernen gibt es vielleicht sogar so etwas wie „Jobsharing“. Ein Wort, das Personalern sonst in Deutschland kaum über die Lippen kommt, außer sie werden mit einer Waffe bedroht. Was natürlich niemand tut. Und die Politik ist da auch nicht gerade hilfreich. Ich meine jetzt nicht mit Waffen, sondern mit Reformen und Gesetzen, die das Ganze für Firmen attraktiver machen würde.
Eine Freundin hat vor kurzem etwas sehr Schlaues zu mir gesagt: Eigentlich wäre eine Halbtagsquote viel sinnvoller, als eine Frauenquote. Das fand ich so was von genial. Vielleicht liest das hier ja eine Politikerin und macht was draus. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Meine Karriere lief gut, bis ich ein Kind bekam
Ihr merkt schon, ich werde etwas zynisch. Es wird Zeit, dass ich erkläre warum. Ich liebe meinen Job und ich arbeite gerne. Bevor meine Tochter geboren wurde habe ich eine ganz gute Karriere hingelegt. Von der Juniorredakteurin bis zur Chefredakteurin. Alles super. Spannender Job. Nette Kollegen. Schlechte Konditionen – aber das ist in der Medienbranche ja ganz normal. Man kann eben nicht alles haben. Dann entschloss ich mich zusammen mit meinem Mann für ein Kind. Eine Diskussion darüber wer in Elternzeit gehen würde gab es nicht. Warum auch? Mein Mann verdiente zu der Zeit fast das Doppelte von mir.
Mir war klar, dass das einen ordentlichen Knick in meinem Lebenslauf geben würde. Aber ich wollte gerne eine Familie und ich hatte nicht vor, mein Leben nur der Arbeit zu widmen. Ich war also nicht karrieregeil, obwohl ich das Wort nicht besonders mag, denn es hat so einen negativen Beigeschmack. Wer Karriere machen möchte, soll das doch bitte tun, was ist schlecht daran? Irgendwie dachte ich mir auch „Das wird schon.“ Ich wusste, dass es nach der Elternzeit nicht einfach werden würde. Die Realität übertraf dann allerdings noch mal alles, was ich mir so vorgestellt hatte.
Das Problem mit der Teilzeit
Mein Plan war es nach 1,5 Jahren Elternzeit wieder mit einer 50%-Stelle einzusteigen. Mein damaliger Arbeitgeber gab mir grünes Licht. Es kam dann doch etwas anders. Ein Projekt, dass ich einmal geleitet hatte, kam wieder zurück. Deshalb wurde ich gebeten, schon nach einem Jahr wieder geringfügig einzusteigen. Mein Problem: Ich hatte keine Kinderbetreuung und keine Großeltern vor Ort. Aber ich hatte auch den Druck: „Was, wenn du jetzt „nein“ sagst?“ Ich hatte die Befürchtung, dass das Projekt an jemand anderen gehen würde. Und es war eines der wenigen, die halbtags gut machbar waren – ohne 10-stündige Drehtage oder viele Dienstreisen. Also sagte ich zu und durfte zumindest im Homeoffice arbeiteten: abends und mittags, wenn meine Tochter schlief. Und bei so mancher Telefonkonferenz war sie auch dabei. Alle die schon einmal ein 1-jähriges Kind zu Hause betreut haben, verstehen die Schwierigkeit. Es war wahnsinnig anstrengend. Aber natürlich hat es mir auch Spaß gemacht, mich wieder mit anderen Dingen auseinanderzusetzten, als der Kinderversorgung- und Betreuung.
Als meine Tochter 1,5 Jahre alt war kam sie in die Kinderkrippe und ich stieg halbtags wieder ein. Erster Schock: Ich kannte fast keinen mehr in der Firma. Es gab nach meinem Weggang eine Umstrukturierung und mein Chef und die meisten meiner Arbeitskollegen hatten gewechselt. Ich musste mich plötzlich wieder neu beweisen. Und das, nachdem ich mir zuvor acht Jahre den Hintern für die Firma aufgerissen hatte. Dazu kam, dass man als Teilzeitkraft meistens außen vor ist: Man geht nicht abends mit den Kollegen noch was trinken, man hat keine Zeit mittags mit zum Italiener um die Ecke zu kommen oder für mehrere Kaffee-Pläuschchen zwischendurch. Der Umgang mit den Kollegen war ein völlig anderer als vorher. Ich hatte plötzlich eine gewisse Außenseiterrolle. Ich konnte auch nicht mehr einfach so problemlos länger bleiben. Ich wollte meine Tochter abholen und mit ihr den Nachmittag verbringen. Das war ein komplett anderes Arbeitsgefühl. Auch, dass man mal eben schnell von den Dingen, mit denen man sich in der Firma auseinandersetzt umswitcht, auf die Mamarolle.
Seien wir ehrlich: Kind und Karriere sind zwei Jobs gleichzeitig
Das morgendliche Fertigmachen von mir selbst und meinem Kind war ebenfalls eine Herausforderung. Inklusive alles im Kopf zu haben, was man für die Kita so braucht. Und im Kopf, da schwirrt so einiges rum: „Die Gummistiefel sind schon wieder zu klein geworden“, „Ich muss mich dringend noch für das Frühstücks-Büfett eintragen.“ oder „Ist noch genug Wechselwäsche da?“. Wechselwäsche ist im Übrigen nie genug da. Das, was gebraucht wird, fehlt meistens, bzw. wurde am Tag vorher schon benutzt. Oder war das nur bei uns so?
Das Halbtagsarbeiten war also ziemlich ernüchternd. Trotzdem wollte ich es um nichts auf der Welt wieder aufgeben. Ersten natürlich, weil wir das Geld brauchten. Zweitens aber – und das ist noch wichtiger – weil ich einfach gerne arbeite. Ich liebe mein Kind, aber ich brauche auch meinen Job. Deshalb war es keine Option aufzuhören. Ein weiterer Grund, den viele Frauen außer Acht lassen: Die Altersvorsorge. Eigenständig zu sein war für mich immer schon sehr wichtig. Man weiß nie, was im Leben noch so passiert. Nicht umsonst bekommen Frauen oft nur halb so viel Rente wie Männer, obwohl die Herren der Schöpfung nur so fleißig in die Altersvorsorge einzahlen können, weil wir den Hauptanteil bei der Kinderbetreuung übernehmen. Versteht ihr jetzt meinen Zynismus ein bisschen?
Neuer Job – neue Probleme
Also, wie ging es weiter. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in der Firma. Nach gut einem Jahr war klar: Ein neuer Job muss her. Aber Teilzeit mit Führungsposition? Totale Fehlanzeige. Für viele Jobs wurde ich gar nicht erst eingeladen, weil ich überqualifiziert war und passende Stellen gab es quasi nicht. Ein dreiviertel Jahr später hatte ich endlich etwas Neues. Der Haken: Nur ein 3-Monatsvertrag in einer Arbeitnehmerüberlassung. Mir wurde allerdings in Aussicht gestellt, danach einen Jahresvertrag bei dem ausleihenden Unternehmen zu bekommen. Der Job klang toll und das Backup war wie immer mein Mann. Ohne ihn im Rücken, hätte ich diesen Schritt niemals wagen können. Schließlich muss ich nicht nur mich selbst versorgen, sondern auch mein Kind. Wie macht ihr Alleinerziehenden da draußen das denn alles? Ich ziehe meinen Hut!
Dann kam noch ein weiteres Problem hinzu, das aber nicht nur Mamas betrifft, sondern viele Arbeitnehmer. Es liegt vielleicht an der heutigen Zeit oder auch an der Branche: Die einzelne Arbeitsleistung ist nichts mehr wert. Es geht immer nur um Gewinnmaximierung und das Erreichen von irgendwelchen aberwitzigen Zielen. Mein Vertrag wurde also eineinhalb Jahre lang immer wieder um 3 Monate verlängert. Meine Beurteilungen waren immer sehr positiv. Das Projekt wurde langsam erfolgreich. Und dann, als mich der Betrieb nach 18 Monaten in der Arbeitnehmerüberlassung rein rechtlich hätte einstellen müssen, hieß es: „Wir können leider keine Stelle für Dich schaffen“. Und zack, hatte ich keinen Job mehr, obwohl ich wirklich mein ganzes Herzblut in diese Sache gesteckt hatte. Die Enttäuschung war riesig.
Homeoffice – was ist das?
Die erneute Suche nach Arbeit war genauso schwierig wie vorher. Bei mehreren Bewerbungsgesprächen musste ich darüber diskutieren ob eine Leitungsfunktion halbtags überhaupt umsetzbar ist. Dass ich in meinen letzten beiden Jobs schon bewiesen hatte, dass es funktioniert, interessierte keinen so wirklich. Und dann natürlich das Homeoffice. Viele Betriebe leben scheinbar noch in der Steinzeit und verweigern die Arbeit von zu Hause. Aber als Mama ist es Gold wert, flexibel zu sein. Wenigstens an ein paar Tagen im Monat. Warum vertrauen uns da so wenige Arbeitgeber, obwohl Studien eindeutig bewiesen haben, dass Mitarbeiter umso besser und motivierter arbeiten, je freier sie sich selbst koordinieren dürfen?
Das war der Zeitpunkt, wo ich so richtig frustriert war. Wo ich mich gefragt habe, wie andere das schaffen, auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen und noch genug Zeit und Energie für Kinder, Haushalt, Ehemann und Hobbies aufzubringen. Ich überlegte mir, ob es eine Option wäre wieder Vollzeit zu arbeiten. Dann wäre das Finden eines Jobs zumindest kein Problem mehr gewesen. Aber ohne, dass mein Mann kürzergetreten wäre – was bei ihm kaum möglich war (womit wir wieder bei der Politik, der Flexibilität von Arbeitgebern und dem finanziellen Aspekt gelandet wären) – konnte ich mir das absolut nicht vorstellen. Nicht für mich persönlich, nicht für mein Kind, nicht für meine Liebesbeziehung und nicht für meine Familie als Gesamtkonstrukt. Mir war klar, dass dann irgendwas leiden würde. Und die vielen Mama-Burnouts zeigen: Meistens ist man es selbst.
Ein Neuanfang: Selbstbestimmung
Dazu kam, dass mich dieses mehrfache Ausnutzen von Arbeitgebern so enttäuscht hatte, dass ich auch keine große Lust verspürte, mich wieder für ein Unternehmen reinzuhängen und meine ganze Energie in ein neues Projekt zu investieren. Für jemand anderen. Die Lösung lag also nahe: Ich wollte endlich etwas für mich selbst tun. Also beschloss ich, mir einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen: Ein Buch zu schreiben. Einen Liebesroman. Ich hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt fähig wäre eine so lange Geschichte zu verfassen und ob es mir Spaß machen würde. Aber schon nach den ersten Wochen merkte ich, wie glücklich mich diese Sache machte. Ich las viel über Verlage und Self-Publishing und entschied mich dann wieder für die Eigenregie – also den Roman selbst zu verlegen. Und als ich vor Kurzem das fertige Buch in gedruckter Form in Händen hielt, war das ein irres Gefühl. Es motivierte mich ungemein, den nächsten Schritt zu wagen: die Selbständigkeit. Denn das war die logische Konsequenz aus dem Ganzen: Endlich für mich selbst wirtschaften und die eigene Chefin sein.
Ende gut, alles gut?
Ich bin noch ganz am Anfang dieses Wegs. Mal sehen, wohin er mich führt. Aber letztendlich haben meine schlechten Erfahrungen dazu beigetragen, dass ich den Mut hatte, etwas Neues auszuprobieren. Und dafür bin ich tatsächlich dankbar. Ich weiß nicht, ob mein Fazit jetzt ist, dass man sich seine eigene Lösung für das Mama-Jobproblem bauen muss. Wie immer gibt es 1000 Optionen für 1000 verschiedene Frauen. Aber ich weiß eines mit Sicherheit: Der aktuelle Arbeitsmarkt in Deutschland ist zu großen Teilen mütterunfreundlich. Das ist eine Tatsache. Es wird uns also nicht leichtgemacht. Aber wann wurde es das schon jemals, in unserer Geschichte? Und trotzdem sind wir heute hier: selbstbestimmt, selbstbewusst und frei in unseren Entscheidungen. Also, lasst uns die für uns persönlich richtige treffen.
Patricia wohnt mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter bei München. Wir haben uns damals beim TV-Dreh von „Mein Spatz – Nestgeflüster“ kennengelernt. Nun hält sie ihr erstes Buch „Sternenvoll“ in den Händen und ich freue mich riesig für sie.
Ganz ganz toll geschreiben und so wahr! Vielen Dank auch nochmal für den Reminder, dass man tatsächlich vielleicht aus der Not heraus was Eigenes schaffen kann. Alles Liebe
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Liebe Melanie, das freut mich sehr, dass ich Dich mit diesem Text bestärken konnte. Alles Liebe
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